Wie viele Stellplätze sind notwendig?
Bauantrag, Baurecht, Planung

Wie viele Stellplätze sind eigentlich notwendig?

In Deutschland regeln Stellplatzverordnungen bzw. Stellplatzsatzungen, wie viele Stellplätze für PKWs und wie viele für Fahrräder beim Neubau eines Gebäudes nachgewiesen werden müssen. Dabei hängt die Anzahl der vorgeschriebenen Stellplätze von der Art der Nutzung, von der Anzahl der Einheiten und von der Größe der Nutzflächen ab. Die Festlegungen basieren auf technischen und statistischen Erkenntnissen.

Wer ein Projekt plant muss eine ausreichende Anzahl an Kfz-Stellplätzen (und Fahrradstellplätze) nachweisen. In der LBO § 37 – Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder, Garagen – heißt es: Bei der Errichtung von Gebäuden mit Wohnungen ist für jede Wohnung ein geeigneter Stellplatz für Kraftfahrzeuge herzustellen (notwendiger Kfz-Stellplatz). Bei der Errichtung sonstiger baulicher Anlagen und anderer Anlagen, bei denen ein Zu- und Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, sind notwendige Kfz-Stellplätze in solcher Zahl herzustellen, dass sie für die ordnungsgemäße Nutzung der Anlagen unter Berücksichtigung des öffentlichen Personennahverkehrs ausreichen.

Um die exakte Zahl der erforderlichen Stellplätze zu ermitteln (Bestandteil der Bauvorlagen eines Bauantrag), findet man dazu detaillierte Angaben in der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Herstellung notwendiger Stellplätze. Anhang 1 und Anhang 2 geben genau vor, wie die Stellplatzanzahl unter Berücksichtigung des ÖPNV berechnet werden muss.

Anhang 1: Richtzahlen für Kfz-Stellplätze
Anhang 2: Richtzahlen für Fahrradstellplätze

Der Nachweis aller erforderlichen Stellplatzanzahl bezieht sich immer auf das gesamte Objekt (Grundstück). Der Stellplatzbedarf wird für jede Nutzungsart getrennt ermittelt. Am Ende ergibt sich die Summe der Stellplätze, die für die gesamte bauliche Anlage nachgewiesen werden muss.

Stellplätze bei Nutzungsänderungen

Beim Antrag auf Nutzungsänderung muss gemäß §37 Abs. 3 LBO der durch die Änderung der Nutzung verursachte Mehrbedarf ermittelt werden. Dies geschieht durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage (sog. „Soll-Bedarf“) und dem des bereits genehmigten Altbestandes.

(3) Bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen sind Stellplätze oder Garagen in solcher Zahl herzustellen, dass die infolge der Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge und Fahrräder aufgenommen werden können. Satz 1 gilt nicht bei der Teilung von Wohnungen sowie bei Vorhaben zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung oder Kenntnisgabe für das Gebäude mindestens fünf Jahre zurückliegen.

Wird also durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches zusätzlicher Wohnraum geschaffen, entfällt die Verpflichtung zur Herstellung eines Stellplatzes pro Wohnung.

Beispiele Kfz-Stellplätze

Wohngebäude
1 Kfz-Stpl. je Wohnung

Büroräume
1 Kfz-Stpl. je 30-40 qm Büronutzfläche, mindestens jedoch 1
(Nicht zur Büronutzfläche werden gerechnet: Sozial- und Sanitärräume, Funktionsflächen für betriebstechnische Anlagen, Verkehrsflächen)

Verkaufsstätte
1 Kfz-Stpl. je 30-50 qm Verkaufsnutzfläche, mindestens jedoch 2 je Laden
(Nicht zur Verkaufsnutzfläche werden gerechnet: Sozial- und Sanitärräume, Kantinen, Ausstellungsflächen, Lagerflächen, Funktionsflächen für betriebstechnische Anlagen, Verkehrsflächen)

Gaststätte
1 Kfz-Stpl. je 6-12 qm Gastraum

Fitnesscenter
1 Kfz-Stpl. je 25 qm Sportfläche
(Nicht zur Sportfläche werden gerechnet: Sozial- und Sanitärräume, Umkleideräume, Geräteräume, Funktionsflächen für betriebstechnische Anlagen, Verkehrsflächen.)

Die Geschichte der Stellplätze

Die Geschichte der Stellplätze in Deutschland beginnt mit der Einführung des Volkswagens in den 1930er-Jahren. Die Stadtplanung wollte sicherstellen, dass für das geänderte Verkehrsverhalten der Bevölkerung ausreichend Platz zur Verfügung steht. Die sogenannte Reichsgaragenordnung aus dem Jahr 1939 sollte sicherstellen, dass an jedem Wohngebäude für eventuelle Fahrzeughalter ausreichend Stellplätze zur Verfügung stehen. Pro Wohnung wurde die Herstellung eines Garagenplatzes gefordert. Dieser erste Schritt in Richtung autogerechter Stadt sorgte dafür, dass auch nach den Anfängen der Motorisierung jeder Wohnungsneubau mit einer entsprechenden Anzahl an Stellplätzen versehen wurde. Viele der damals gebauten Garagen wurden oft erst in den 1960er-Jahren ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt.

Später werden Stellplatzverordnungen vor allem damit begründet, dass die Kommunen die Kosten für die Herstellung von Stellplätzen nicht alleine tragen können. Die Grundbesitzer sind selbst in der Verantwortung, für die Fahrzeuge ihrer Mieter, Gäste oder Kunden auf Kosten Dritter Stellplätze zu errichten.

Die Verpflichtung zur Schaffung von Fahrradstellplätzen wurde deutlich später ergänzt. Mit dem Ziel, die Attraktivität des Fahrrads als Verkehrsmittel zu erhöhen, fordert heute die LBO Baden-Württemberg die Herstellung von Fahrradstellplätze nach den in Anhang 2 ausgelisteten Richtzahlen.