Bauantrag, Baurecht, Planung

Barrierefreiheit für ein inklusives Lebensumfeld

Barrierefreiheit beim Bauen bedeutet, dass Gebäude und deren Umgebung so gestaltet werden, dass sie von allen Menschen, unabhängig von ihren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Dies ist ein zentrales Element für die Schaffung eines inklusiven Lebensumfelds.

In Baden-Württemberg ist die Barrierefreiheit beim Bauen gesetzlich in der Landesbauordnung (LBO BW) geregelt. Dort finden sich Angaben darüber, wann und wie barrierefreie Bauweisen einzuhalten sind.

Worauf muss beim barrierefreien Bauen geachtet werden?

  1. Die Zugänglichkeit
    Alle öffentlich zugänglichen Gebäude müssen barrierefrei erreichbar sein. Das betrifft Eingänge, Wege sowie Zugänge zu allen wichtigen Räumen. Beispielsweise müssen Gebäude stufenfrei gestaltet sein oder Rampen bzw. Lifte bereitstellen, die für Rollstuhlfahrer zugänglich sind.
  2. Die innere Erschließung
    Treppenhäuser, Fahrstühle und Flure müssen breit genug sein, um Menschen mit Rollstuhl oder Rollator den Zugang zu ermöglichen. Fahrstühle sollten mit ausreichend Platz, gut erreichbaren Bedienelementen und akustischen sowie visuellen Anzeigen ausgestattet sein.
  3. Die Sanitäranlagen
    In öffentlichen Gebäuden sind barrierefreie Toiletten Pflicht. Diese müssen über ausreichend Bewegungsraum, Haltegriffe und eine angepasste Ausstattung verfügen, um die Nutzung für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu ermöglichen.
  4. Wohngebäude
    In Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen bestimmte Wohnungen barrierefrei sein. Das bedeutet, dass Wohnräume, Badezimmer und Küchen ohne Barrieren erreichbar und nutzbar sein müssen.

Barrierefreiheit beim Bauen in Baden-Württemberg ist ein rechtlich verankerter Standard, der die Teilhabe aller Menschen ermöglichen soll. Wer plant und baut, muss diese Vorschriften einhalten, um Hindernisse abzubauen und ein inklusives Lebensumfeld zu schaffen.

Die Barrierefreiheit in der Landesbauordnung

§ 3 Allgemeine Anforderungen
(3) In die Planung von Gebäuden sind die Belange von Personen mit kleinen Kindern, Menschen mit Behinderung und alten Menschen nach Möglichkeit einzubeziehen.

§ 39 Barrierefreie Anlagen
(1) Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, die überwiegend von Menschen mit Behinderung oder alten Menschen genutzt werden, wie

  1. Einrichtungen zur Frühförderung behinderter Kinder, Sonderschulen, Tages- und Begegnungsstätten, Einrichtungen zur Berufsbildung, Werkstätten, Wohnungen und Heime für Menschen mit Behinderung,
  2. Altentagesstätten, Altenbegegnungsstätten, Altenwohnungen, Altenwohnheime, Altenheime und Altenpflegeheime,
    sind so herzustellen, dass sie von diesen Personen zweckentsprechend ohne fremde Hilfe genutzt werden können (barrierefreie Anlagen).

(2) Die Anforderungen nach Absatz 1 gelten auch für ….

(3) Bei Anlagen nach Absatz 2 können im Einzelfall Ausnahmen zugelassen werden, soweit die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können. Bei Schulen und Kindertageseinrichtungen dürfen Ausnahmen nach Satz 1 nur bei Nutzungsänderungen und baulichen Änderungen zugelassen werden.

§ 35 Wohnungen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch barrierefrei erreichbare Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden, wenn die gesamte Grundfläche dieser Wohnungen die Grundfläche der Nutzungseinheiten des Erdgeschosses nicht unterschreitet. 2In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische barrierefrei nutzbar und mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Anforderungen insbesondere wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht bei der Teilung von Wohnungen sowie bei Vorhaben zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung oder Kenntnisgabe für das Gebäude mindestens fünf Jahre zurückliegen.

§ 29 Aufzugsanlagen
(2) Gebäude mit einer Höhe nach § 2 Abs. 4 Satz 2 von mehr als 13 m müssen Aufzüge in ausreichender Zahl haben, von denen einer auch zur Aufnahme von Rollstühlen, Krankentragen und Lasten geeignet sein muß. Zur Aufnahme von Rollstühlen bestimmte Aufzüge müssen von Menschen mit Behinderung ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können. Satz 1 gilt nicht bei der Aufstockung um bis zu zwei Geschosse, durch die die Höhe von 13 m überschritten wird, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt.

Barrierefreiheit in der DIN 18040

Während die Landesbauordnung lediglich den Rahmen vorgibt, regelt die DIN einzelne Punkte ganz konkret. Die DIN-Norm, die die Barrierefreiheit regelt, ist die DIN 18040 „Barrierefreies Bauen“. Sie legt Anforderungen an barrierefreies Bauen fest, um Menschen mit Behinderungen, älteren Personen und anderen mobilitätseingeschränkten Menschen den Zugang zu Gebäuden und öffentlichen Räumen zu erleichtern. Die Norm umfasst Vorgaben für verschiedene Bereiche:

  • DIN 18040-1: Regelt die barrierefreie Gestaltung von öffentlich zugänglichen Gebäuden (z. B. Schulen, Verwaltungsgebäude, Arztpraxen).
  • DIN 18040-2: Bezieht sich auf den barrierefreien Wohnungsbau.
  • DIN 18040-3: Gilt für den barrierefreien Außenraum, z. B. Fußwege, Parkplätze, Haltestellen.

Diese Normen sind wichtige Leitlinien zur Schaffung einer barrierefreien Umgebung in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens und sollten bereits bei der Planung berücksichtigt werden.

Wichtige Maße für Barrierefreiheit nach DIN 18040

  1. Mindestbreite einer Tür (lichte Durchgangsbreite)
    90 cm für Türen in öffentlich zugänglichen Gebäuden, um Rollstuhlfahrern ausreichend Platz zu bieten
    80 cm für Türen innerhalb von Wohnungen (nicht für spätere Rollstuhlnutzung geeignet)
  2. Mindestgröße für Aufzüge (Kabine):
    110 cm Breite und 140 cm Tiefe in öffentlichen Gebäuden (für Rollstuhlfahrer)
    140 cm Breite und 200 cm Tiefe in größeren Gebäuden oder höher frequentierten Bereichen
  3. Behindertenparkplatz
    350 cm Breite
    und 500 cm Länge um genügend Platz zum Aussteigen mit einem Rollstuhl zu gewährleisten
  4. Sanitärräume
    In barrierefreien Toilettenräumen muss auf beiden Seiten der Toilette eine Freifläche von mindestens 90 cm Breite und 150 cm Tiefe sein, um Rollstuhlfahrern das Umsetzen zu ermöglichen.
    Duschflächen in barrierefreien Bädern sollten mindestens 120 cm x 120 cm groß und bodengleich sein.
  5. Wendeflächen für Rollstühle
    Es müssen 150 cm x 150 cm große Wendeflächen in Fluren, Räumen und vor Aufzügen vorhanden sein.
  6. Gehwege und Rampen
    Gehwegbreite: Mindestens 120 cm, besser 150 cm, um zwei Personen nebeneinander oder einen Rollstuhl problemlos bewegen zu können.
    Rampensteigung: Maximal 6 %, bei längeren Rampen (über 6 m) sind 5 % empfohlen.

Diese Maße sorgen dafür, dass Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen öffentliche und private Räume gut nutzen können.

Fazit

Barrierefreies Bauen ist nicht nur eine Frage der Zugänglichkeit, sondern Ausdruck von Respekt und Chancengleichheit. Es ermöglicht allen Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben. Deshalb sollte grundsätzlich immer überprüft werden, ob die Herstellung einer Barrierefreiheit – auch im Bestand – möglich ist.