Bauantrag, Baurecht, Brandschutz, Planung

Rettungswege können Leben retten

Die Planung geeigneter Flucht- und Rettungswege ist sehr oft das zentrale und entscheidende Thema eines Bauantrags. Gerade da, wo viele Menschen gleichzeitig aufeinandertreffen, können Dimensionierung und Beschaffenheit dieser Wege im Ernstfall über Leben oder Tod entscheiden.

Flucht- und Rettungswege – wo liegt der Unterschied?

Fluchtwege sind im Gebäude angeordnete Wege, über die sich die im Gebäude befindlichen Personen im Ernstfall (Brand) selbst in Sicherheit bringen können. Es handelt sich dabei um Flure, Treppen und Ausgänge (Türen oder Fenster) ins Freie. Fluchtwege dienen der Selbstrettung.

Rettungswege sind nach ihrer Deffinition Zugänge und Wege für Einsatzkräfte (meist Feuerwehr), die die Bergung von z.B. eingeschlossenen oder verletzten Personen, sowie die Brandbekämpfung (Löscharbeiten) ermöglichen. Rettungswege dienen der Fremdrettung.

In der Regel werden die beiden Begriffe in der Bauordnung unter dem Begriff „Rettungswege“ zusammengefasst. In den Sonderbauverordnungen gibt es allerdings Unterschiede. Rettungswege können z.B. Wege sein, die ausschließlich von Rettungskräften betreten werden dürfen.

Flucht- und Rettungswege im Baurecht

Wenn in der Bauordnung von Rettungswegen die Rede ist, so sind in der Regel sowohl Wege zur Eigen- als auch zur Fremdrettung von Menschen (und Tieren) gemeint. Vor allem die Festlegungen bezüglich Anzahl, Dimensionierung und Beschaffenheit von Flucht- und Rettungswegen haben im Zuge der Planung eines Objekts eine große Bedeutung. So heißt es in der Musterbauordnung (MBO) §33: Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum … müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Diese Kernaussage sollte bei der Erstellung eines Brandschutzkonzepts immer zu Grunde liegen.

Warum zwei Rettungswege?

Die Forderung nach zwei voneinander unabhängigen Rettungswegen basiert auf der Befürchtung, dass z.B. bei einem Brand einer der beiden Rettungswege nicht mehr nutzbar ist und über diesen Weg keine Rettung ins Freie mehr erfolgen kann.

Der erste Rettungsweg nach muss nach der Bauordnung immer baulich hergestellt werden. Gemeint ist ein direkter Ausgang ins Freie (Notausgang) im Erdgeschoss oder sichere Treppen (Treppenräume) in Geschossen, die nicht ebenerdig liegen.

„Der erste Rettungsweg muss in Nutzungseinheiten, die nicht zu ebener Erde liegen, über eine notwendige Treppe oder eine flache Rampe führen. Der erste Rettungsweg für einen Aufenthaltsraum darf nicht über einen Raum mit erhöhter Brandgefahr führen.“
Landesbauordnung Baden-Württemberg §15 Brandschutz (4)

Der zweite Rettungsweg kann ebenfalls ein baulicher Rettungsweg sein oder über Rettungsgeräte der Feuerwehr (Leitern, Hubrettungsfahrzeuge) führen. Hierfür werden Fenster in ausreichender Dimensionierung eingeplant (Notausstieg).

„Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die Rettung über einen sicher erreichbaren Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum).
Landesbauordnung Baden-Württemberg §15 Brandschutz (5)

Die Dimensionierung von Flucht- und Rettungswegen

Über Flucht- und Rettungswege müssen Personen selbstständig in sichere Bereiche (Treppenräume, öffentliche Verkehrsflächen) gelangen oder gerettet werden können. Sie haben deshalb eine begrenzte Länge. Zusätzlich sollte auch die Breite der Wege den Erfordernissen gerecht werden. Hierbei spielen sowohl die Anzahl der flüchtenden Personen, als auch deren körperliche Verfassung, eine Rolle.

Zur Länge von Flucht- und Rettungswegen steht in der Musterbauordnung (MBO) §35: „Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 Meter Entfernung erreichbar sein“. Auch in den meisten Landesbauordnungen (LBO) ist die Länge des ersten baulichen Rettungswegs auf eine Maximallänge von 35 Meter festgelegt. Die Länge wird i.d.R. in Luftlinie gemessen, allerdings nicht durch Bauteile.

„Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein. Übereinander liegende Kellergeschosse müssen jeweils mindestens zwei Ausgänge in notwendige Treppenräume oder ins Freie haben. Sind mehrere notwendige Treppenräume erforderlich, müssen sie so verteilt sein, dass sie möglichst entgegengesetzt liegen und dass die Rettungswege möglichst kurz sind.“
LBOAVO § 11 Notwendige Treppenräume, Ausgänge (1)

Je nach Art und Nutzung von Gebäuden können kürzere Flucht- und Rettungswege erforderlich sein oder längere zugelassen werden. Hier zwei Beispiele:

  • bei Versammlungsstätten gelten 30,00 m als Maß für die Lauflänge zum sicheren Ausgang/Sicherheitstreppenraum
  • bei Verkaufsstätten 25,00 m von jeder Stelle eines Verkaufsraumes

Zur Breite von Flucht- und Rettungswegen ist in der Musterbauordnung (MBO) § 34 (5) festgelegt, dass sowohl notwendige Flure, als auch Treppenläufe und Treppenabsätze notwendiger Treppen, in ihrer nutzbaren Breite für den größten zu erwartenden Verkehr ausreichen müssen. Die nutzbare Laufbreite ist dabei immer das lichte Fertigmaß, das zwischen den begrenzenden Bauteile oder den Handlaufinnenkanten gemessen wird.

„Notwendige Flure müssen so breit sein, dass sie für den größten zu erwartenden Verkehr ausreichen, mindestens jedoch 1,25 m. In den Fluren ist eine Folge von weniger als drei Stufen unzulässig. Rampen mit einer Neigung bis zu 6 Prozent sind zulässig.“
LBOAVO § 12 Notwendige Flure, offene Gänge (2)

Die Breite von notwendigen Fluren sollte eher etwas breiter gewählt werden, z.B. 1,25 m, um im Bereich von Türen mit einem Rohbaumaß von 1,01 m  ein lichtes Maß ca. 95 cm möglich zu machen.